Liebe Leserinnen und Leser,
mit dem Siegeszug der LLMs (ChatGPT und Co.) ist natürlich die große Frage, wie nutze ich die KI am Besten, um meine Investmententscheidung zu optimieren. Und dazu gehört auch die Frage, welche KI ist eigentlich am geeignetsten und welche kann was bzw. was kann sie nicht. Jede künstliche Intelligenz und jedes Tool hat ihre Stärken und Schwächen.
Zu der Frage, welche KI am geeignetsten ist gehört also auch die Frage, was möchte ich eigentlich tun. Möchte ich Szenarien diskutieren oder aktuelle Einschätzungen? Möchte ich Daten und Fakten recherchieren oder eine allgemeine Analyse? Wie tief möchte ich gehen und wie viel Interpretation will ich selber leisten.
Die KI: Der ewige Ja-Sager
Wer ChatGPT nach Aktienempfehlungen fragt, erhält oft beeindruckend formulierte Antworten. Doch schnell zeigen sich auch Grenzen, z.B. sobald man die KI nach etwas fragt, was sie nicht weiß. Noch sind alle Modelle nämlich sehr schlecht darin, zu sagen, was sie nicht wissen. Befragt nach Themen ausserhalb ihres Kompetenzbereiches beantworten sie daher im selben Brustton der Überzeugung, wie dort, wo sie die Antwort tatsächlich wissen. Das ist gefährlich, denn als Nutzer ist das oft nicht erkennbar.
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Hier liegt die größte Gefahr bei der Nutzung der künstlichen Intelligenz als Wegbegleiter bei der Investmententscheidung: die Halluzination. Die KIs haben die Neigung, zu sehr dem Nutzer zum Mund zu reden. Sie wollen unbedingt den Gegenüber zufriedenstellen und das bedeutet, sie denken sich lieber etwas aus, als nicht-Wissen mitzuteilen und sie stimmen dem Nutzer sehr schnell zu und lassen sich von seinen Perspektiven überzeugen. Wobei das wollen bei der Maschine natürlich relativ ist, so funktioniert sie nun einmal.
Gerade das "Dem Nutzer zum Mund reden" birgt ganz eigenen Gefahren, denn der User kann seinen Bias komplett unterbewusst in sprachlichen Feinheiten mitgeben und so im Dialog die eigene Meinung als der KI mitgeben, sodass hier ein Drift stattfinden, der dem Nutzer in der Tendenz Bestägigung verschafft. Das fühlt sich natürlich gefährlich gut an, ist aber gerade bei der kritischen Analyse kontraproduktiv. Wir brauchen eher den kritischen Counterpart, der uns hinterfragt und mögliche Denkfehler aufzeigt.
Was die einzelnen (nicht) KIs können
Schauen wir uns im Detail die großen Wettbewerber unter den KI Modellen an: ChatGPT, Antrophic Claude, Gemini und Perplexity. Was können sie und was nicht (gut)? Kleiner Spoiler: Für unsere KI-Aktienanlyse bei Leeway benutzen wir drei der Modelle in der Kombination, damit sie gegenseitig mit ihren Stärken die Schwächen der anderen auflösen.
ChatGPT-5 (OpenAI)
Die neueste Variante von ChatGPT ist in der logischen Herleitung teils brilliant. Für sehr komplexe Fragestellungen und tiefe Einsichten in langen Schlussfolgerungsketten ist ChatGPT die beste Wahl bei den großen Chat-Modellen. Sie können z.B. fragen, welche Unternehmen in zweiter Reihe von dem KI-Boom profitieren oder vom Netzausbau in Europa.
Auch gegenüber dem unterbewussten Drift, von dem ich oben sprach, ist GPT-5 resilienter, als die anderen Modelle. Trotzdem gibt es auch Probleme bei GPT-5. Für mich eines der schwersten ist die absolut unzumutbare Kommunikation. Das soll sich bald ändern, aber aktuell sind die Antworten von GPT-5 sicherlich das schwierigste, unverständlichste und unangenehmste, was es bei den KIs gibt. Das klingt dann z.B. so:
"Hinweis: Keine Anlageberatung. Prüfe stets Bilanzqualität, Auftragsbestand, Pricing-Power und Projekt-Risikoteilung (EPC vs. Komponenten).
- Kabelzubehör, Verbindungstechnik, Armaturen
-
NKT Photonics/Components: Zubehörnähe zu HV-Kabel-Projekten (bei NKT insgesamt, aber Fokus auf Komponenten)."
Außerdem hat es immer noch deutliche Probleme mit Halluzination und erfindet regelmäßig, wenn auch häufig nur kleine, Ungenauigkeiten. Nativ hat ChatGPT auch keine Anbindung an Echtzeitdaten und ist auf eine Schnittstelle mit Suchfunktion angewiesen. Denn natürlich, und auch das ist ein Problem für alle KIs, ist der Trainingskorpus nicht aktuell und geht teilweise nur bis 2023. Alle Entwicklungen danach kann die KI nur Ausschnittweise durch aktuelle Suchergebnisse wissen und die Entwicklung von über zwei Jahren anhand von 20-30 Suchergebnissen zu evaluieren, gleicht natürlich dem Blick durch ein Nadelör.
Anthropic Claude
Die Stärken von Anthrophics Modellen liegen in der sehr angenehmen und verständlichen Sprache und in der Resilienz gegenüber Falsch-Aussagen. Bei logischen Schlussfolgerungen und tiefen Analysen ist Claude nicht ganz so gut wie GPT-5, aber die Antworten sind unvergleichlich viel verständlicher und das Modell ist deutlich freier in seinen Denk- und Konversationspfaden. Hier kann man leicht auf verschiedenen Ebenen arbeiten und verschiedene Perspektiven beleuchten. Gleichzeitig schafft es Claude erstaunlicherweise in den Tests immer wieder auf den ersten Rang in der Fehlerresilienz.
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Aber gleichzeitig ist Claude auch der Größte unter den Ja-Sagern und lobt den Nutzer gerne als den klügsten Menschen aller Zeiten. Es ist manchmal schon unangenehm und es ist schwer zu wissen, ob die Idee, die man gerade vorgestellt hat, tatsächlich schlüssig ist oder es die KI nur schafft, auch die dümmste Idee klug aussehen zu lassen.
Pro Tip: Bitten Sie die KI um eine "kritische Analyse" oder "die eigene, ungefilterte Meinung", entweder zum eigenen Input oder auch nochmal in Bezugauf eine vorherige Antwort der KI.
Perplexity
Perplexity hat den großen Vorteil der direkten Einbindung sowohl von aktuellen Nachrichten als auch Echtzeitdaten und integriert auch direkt eine graphische Darstellung. Wobei wir nichtsdestotrotz natürlich den Cutoff der Trainingsdaten haben und auch immer nur den kleinen Ausschnitt durch die Suchergebniss aktuell bekommen. Trotzdem ist Perplexity die beste Wahl für sehr aktuelle Fragen und neueste Entwicklungen.
Gleichzeitig bleiben die Analysen selbst von der Tiefe und Qualität hinter den anderen Modellen zurück. Perplexity kann im logischen Bereich nicht mit Claude oder ChatGPT mithalten und ist auch anfällig für den Drift, wobei natürlich die tiefe Integration der Suche hier eine gewisse Begrenzung schafft. Die Begrenzung bedeutet aber auch, dass man tendenziell nahe am Internet-Konsens bleibt, denn Meinung von Perplexity wird von den prominentesten Suchergebnissen dominiert.
Google Gemini
Gemini punktet mit der Integration in das Google-Ökosystem und Zugriff auf Echtzeitdaten, sowie das Google Notebook. Wenn man Quartalsberichte analysieren möchte oder sich eine Tabellenkalkulation zusammenstellen lassen möchte, ist Gemini eine gute Wahl. Bei der Logik-Tiefe und Qualität der Antworten würde ich aber Sonnet und ChatGPT vorziehen.

Die drei systematischen Lücken
Die Nutzung dieser KI-Modelle für die Aktienanalyse erfordert also etwas Geschick. Denn LLMs halluzinieren Fakten, wenn Quellen fehlen oder veraltet sind und auch Perplexity löst das nicht vollständig. Gleichzeitig haben wir ein Konsistenz-Problem. Denn die KIs beinhalten ja ein zufälliges Element, um verschiedene Antwortpfade begehen zu können.
Das bedeutet aber auch, das gleiche Fragen zu verschiedenen Ergebnissen führen. Und ebenso steuern wir ganz unbewusst mit winzigen Formulierungen, in welche Richtung eine künstliche Intelligenz tendiert. Wir bringen also ohne sorgfältige Steuerung immer unseren eigenen Bias mit in die Diskussion und haben in der KI keinen stabilen Gegenpart, sonder jemand, der unsere Meinung nur zu gerne übernimmt.
Und letztlich haben KIs bekannterweise Probleme mit dem Rechnen. Hier passieren gerne Fehler, die an vollständigen Humbug grenzen. Sie können ganz gut Programme schreiben, und wenn man mit der KI etwas berechnet haben möchte, tut man gut daran, sie erst logisch das Programm designen zu lassen und dann erst im zweiten Schritt mit dem Programm die Berechnungen durchführen zu lassen. Aber insgesamt muss man sagen, für klare "wahr" oder "falsch" Antworten und Backtests sind sie schlecht die falschen Tools. Es sind schließlich Language Models.
Wie wir bei Leeway KI einbinden
Wir haben uns für einen kontrollierten und dedizierten Pfad bei Leeway entschieden. Ich bin der Meinung, dass auch in der neuen Ära der LLMs gilt: Das richtige Tool für den richtigen Job. ChatGPT und Co. sind unglaublich mächtige Tools, die aber nicht für jeden Anwendungsfall optimal sind und dort, wo sie angewendet werden, der umsichtigen Kontrolle bedürfen.
LLMs sind ideal für komplexe Aufgaben, Erklärungen, qualitative Analysen. Sie sind wie ein menschlicher Analyst, mit dem man spricht, der aber seine Berechnungen nicht im Kopf und die Excel-Tabelle nicht parat hat. Absolut ideal für diffuse Fragestellungen, die eine Meinung und keine Datenbank erfordern.
Wir benutzen LLMs für unsere Geschäftsmodell-Analyse und das abgeleitete Business-Rating. Das ist eine Strukturierte LLM-Analyse nach modernisierten Porter-Framework: Geschäftsmodell, Wettbewerbsdynamik, technologische Disruption, regulatorische und ESG-Risiken. Dabei sind wir uns der oben angesprochenen Probleme der LLMs natürlich bewusst und arbeiten mit standardisierten Prompts, eingebautem Fact-Checking für Aktualität und Verlässlichkeit und mehrfachen Durchläufen und Mittelwerten.
Für das Zahlenwerk sind LLMs wie gesagt nicht ideal. Zu ungenau, zu unkontrollierbar. Deshalb setzen wir hier auf klassisches Machine-Learning. Lernende, datenbasierte aber strikt determinierte Algorithmen. Sie passen sich automatisch an Veränderungen an, aber bei gleicher Eingabe bekommen wir auch immer das gleich Ergebnis. So entsteht unser Market-Fit-Rating, das bewertet, wie gut Bilanz und GuV eigentlich sind und welche Kennzahlen im aktuellen Markt positiv oder negativ für den Aktienkurs sind.
Und manchmal braucht es überhaupt keine KI und eine einfache Berechnung mit einem Chart, sagt mehr als 1000 Worte Diskussion mit ChatGPT. Für das kurzfristige Timing mit unserem Cycle-Rating berechnen wir einfach, wie teuer oder günstig ein Unternehmen anhand der eigenen Historie ist, und stellen das dar. So einfach kann es sein.
Wenn Sie so weit gekommen sind, hier geht es zu den besten Aktien nach der Leeway-Methodik.
Vielen Dank fürs Lesen und viel Erfolg!
Lars Wißler