Liebe Leserinnen und Leser,
aktuell richte ich meinen Blick auf das Verhalten der amerikanischen Regierung. Die Mühlen in Vorbereitung auf die Präsidentschaftswahlen im Herbst nächsten Jahres beginnen Fahrt aufzunehmen. Ein wichtiges Thema ist dabei aktuell die Genehmigung des nächsten Budgets und der Government Shutdown, wenn keine Einigung zustande kommt. Die Gründe sind in der Regel Meinungsverschiedenheiten über die Budgetzuweisungen zwischen dem Präsidenten, dem Repräsentantenhaus und dem Senat auf. Während temporäre Lösungen wie Fortführungsgesetze die Finanzierung verlängern können, führen anhaltende Meinungsverschiedenheiten zu einem Shutdown.
In der Folge fehlen die Mittel zur Fortführung des öffentlichen Betriebs und nicht essentielle Dienste werden eingestellt. Betroffen sind die Verwaltung, Bildungseinrichtungen, das Militär, das Gesundheitssystem und die Infrastruktur. Gehälter für Staatsangestellte werden nicht bezahlt und Investitionen gestoppt.
Die wichtigsten und längsten Shutdowns waren
- die 21-tägige Schließung 1995–1996: Wegen Widerstand gegen große Ausgabenkürzungen.
- die 16-tägige Schließung 2013: Verursacht durch einen Streit über den Affordable Care Act.
- die 35-tägige Schließung 2018–2019: Die längste, verursacht durch einen Streit über die Finanzierung der US-mexikanischen Grenze.
Die Auswirkungen sind gewaltig: während des Shutdowns von 2013 wurden Gehaltszahlungen an 1,3 Millionen Angestellte verzögert. 800.000 Angestellte blieben zu Hause und viele Regierungseinrichtungen blieben geschlossen. Das Bruttoinlandsprodukt der USA sank um geschätzte 0,1 bis 0,2 % durch diese Gegebenheiten. Der Rekord des längsten Shutdowns hält die Trump-Administration mit 35 Tagen im Winter 2018/19.
Was sind die Effekte auf den Aktienmarkt? Man könnte meinen, wenn es zu einem Shutdown kommt, ist das negativ für die (amerikanischen) Aktienmärkte und die Kurse fallen. Wie so häufig, ist die Verbindung aber nicht so intuitiv und einfach. Seit 1990 markiert die Neuigkeit eines Shutdowns immer einen Tiefpunkt für die Kurse der Aktienmärkte, die in der Folge steigen. Tatsächlich kursieren reichlich Graphiken mit langfristigeren Untersuchungen, die Shutdowns keinen Effekt auf die Börse attestieren. Dabei übersehen diese Untersuchungen den springenden Punkt.

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Der Beginn des letzten Shutdowns markierte einen großen Wendepunkt an den Märkten. Während des historisch langen Shutdowns stiegen die Märkte, denn gefallen waren sie schon im Vorfeld.
Meistens sind die Wochen vor dem Shutdown schwache Phasen an den Märkten. 1990 und 2018 fiel der S&P 500 im Vorfeld um knapp 20 % und die Neuigkeit des Shutdowns markierte relativ punktgenau das Tief. Wie so häufig, ist der Markt also sehr klug und weitsichtig und kann die Anzeichen, die zu den Problemen und ungelösten Streitigkeiten führen, gut antizipieren und im Vorfeld einpreisen.
Am Wochenende war die Frage des Budgets unter Leitung des rechten konservativen Lagers der Republikaner wieder hochgekocht. Ein Kernthema sind die Unterstützungsleistungen im Ukraine-Krieg. Mit dem genannten Mittel des Fortführungsgesetzes konnten die Regierungsaktivitäten temporär um weitere 45 Tage finanziert werden. Die Deadline ist der 17. November.
Historisch gesehen ist der Fahrplan damit klar. Wenn es keine Einigung hinsichtlich der Budgetplanung geben wird und der Markt erwartet, dass der folgende Shutdown deutlichen Schaden an der Wirtschaft verursachen wird und diesen nicht gut verkraften wird, dann folgt nun ein Fenster von 6 Wochen, in dem die Märkte, gegebenenfalls auch drastisch, fallen werden.
In der dritten Novemberwoche würden wir dann einen Boden sehen und in eine solide Jahresendrally übergehen.
Eine schöne Börsenweisheit zum Schluß: „The market does not repeat itself, but it does rhyme“. Genaue Wiederholungen sind eine Seltenheit, aber Ähnlichkeiten und Muster sind allgegenwärtig. Bleiben Sie wachsam!